Max Piehl im Gespräch mit Basaline und Thibaut Despagne über die Erfolgsgeschichte ihrer Familie und "Château Bel Air Perponcher"
Die Familie Despagne verfügt international unter Bordeauxkennern über ungewöhnlich große Anerkennung. Seit 2001 wird gar ein nicht klassifizierter Wein - „Girolate“ - von allen wichtigen Handelshäusern zusammen mit den berühmten Gewächsen aus St. Emilion und Médoc gehandelt. Den Aufstieg in die Top-Liga der Bordeaux-Produzenten erreichte die Familie Despagne erst in den 1980er Jahren – ungewöhnlich für diese von großen Traditionen und alteingesessenen Familien geprägte Region. Den Sommer 2016 haben wir genutzt, um die Geschwister Basaline und Thibaut Despagne zu befragen, die schon seit vielen Jahren die Geschicke der Weingüter der Familie verantworten.
Woher kommt die Familie Despagne?
Basaline Despagne: Unsere Familie ist vermutlich sogar schon sehr lange im Bordeaux verwurzelt. Der Name Despagne steht für die vielen Einwanderer aus Spanien, die nach Aquitanien kamen, nachdem sich die englischen Besatzer im XV. Jahrhundert zurückziehen mussten. Zunächst wurde Mais angebaut, allmählich entwickelte sich der Weinanbau. Unsere Vorfahren waren vermutlich schon recht früh dabei.
Wie hat sie es in die Top-Liga der Bordeaux-Produzenten geschafft?
Thibaut Despagne: Nach dem zu frühen Tod unseres Großvaters nahm sich unser Vater (Jean-Louis Despagne) Anfang der 1970er Jahre die größten Weine der Region zum Vorbild, um auf seinen Weinbergen im Entre-deux-Mers-Gebiet qualitativ hochwertige Weine nach seinen Vorstellungen entstehen zu lassen. Zu jener Zeit stand Bordeaux für erstklassige Rotweine und ausgezeichnete weiße edelsüße Weine. Der junge Jean-Louis aber wird zum Pionier für außergewöhnlich feine und aromatische, trocken ausgebaute Weißweine. Seine Weinbaumethode der engen Pflanzung der Rebstöcke zu Lasten des Ertrages war entscheidend für die Entwicklung seiner Gewächse. Seine Winzerkollegen und später die internationale Weinwelt waren überrascht, welche Resultate sich im Entre-deux-Mers erzielen lassen.
Woher kamen die Anregungen für diese frühen Weichenstellungen?
Thibaut Despagne: Durch seine Reisen nach Kalifornien gelangte er schnell zur Überzeugung, in seine eigene Ausrüstung, Kellertechnik und Flaschenfüllung zu investieren. Das war damals nicht unbedingt üblich. Nur so konnte er die volle Qualität seiner Weine kontrollieren.
Basaline Despagne: Der ganze Mut dieser Entscheidung wird einem bewusst, wenn man versteht, dass er damals noch kaum Absatzmärkte für seine Flaschenfüllungen hatte und der größte Teil der Ernte lose verkauft werden musste. Durch die Lage der Weingüter in der generischen Appellation „Bordeaux“, also außerhalb der klangvollen Regionen Médoc, Pomerol oder St. Emilion – Letzteres liegt übrigens nur einen Steinwurf entfernt – war er im Grunde gezwungen, eine Direktvermarktung seiner Weine im In- und Ausland zu entwickeln. Der traditionelle Weg über die in Bordeaux dominierenden Händler, die „Negociants“, die für die Weingüter die Vermarktung ihrer Weine übernehmen, war ihm deswegen versperrt, weil ihm keiner einen Premium-Wein aus einer nicht entsprechend klassifizierten Region abkaufen wollte.
Wie hat er seine Ideen weiterentwickelt?
Thibaut Despagne: In den 1990er Jahren entwickelt sich die Nachfrage nach seinen sensationellen Weißweinen rasant und ermöglichte ihm die Akquisition verschiedener Châteaux in der Umgebung, deren Terroir zur seiner Philosophie passte. Schon im Jahre 1990 erwirbt er Château Bel-Air Perponcher von der Familie Weisweiler, nachdem er das enorme Potenzial der Weinberge erkannt hat. Stück für Stück werden die Weinberge neu bepflanzt.
Nun ist ja schon seit einigen Jahren die nächste Generation am Ruder – wie kam es dazu?
Basaline Despagne: Anfang der 2000er Jahre, mit Erreichen des 60. Lebensjahres, übergab uns unser Vater die Leitung. Um uns als der neuen Generation Gestaltungsspielraum zu geben, zog er sich schnell und konsequent zurück. Wir übernahmen die Verantwortung und versuchen uns als Entrepreneure, nicht als Erben, zu begreifen.
Thibaut Despagne: Wir investieren weiter in die Qualität der Weine und möchten unsere Umwelt verstehen, die Biodiversität erhalten und den besonderen Charakter der Natur der Weingüter bewahren.
Wie teilt Ihr Euch heute die Verantwortung?
Basaline Despagne: Thibaut ist Winzer aus Leidenschaft, der für seine Weinberge lebt und die Weinbereitung verantwortet, ich kümmere mich um den organisatorischen Teil und bin die Finanzverantwortliche.
Was unterscheidet Château Bel Air Perponcher von den vielen Châteaux in Bordeaux, die ebenfalls Bel Air im Namen tragen?
Basaline Despagne: Die Domaine Perponcher wurde bereits im 12. Jahrhundert von Rittern gegründet, die den Prinzen von Oranien dienten und anlässlich der Schlacht von Waterloo gegen Napoleon einen Adelstitel erhalten haben. Die Lehmböden mit ihren kalkhaltigen Unterschichten gehören zu den besten Böden im Entre-deux-Mers und gleichen denen im benachbarten St. Emilion.
Thibaut Despagne: Entscheidend ist das besondere Terroir, der Boden und das Mikroklima sowie die besondere Bewirtschaftung, die hier ganz besondere Weiß-, Rosé und Rotweine entstehen lässt.